Das Wasser kocht

Wir sind an einem ganz besonderen Ort im Mittelmeer. In Chalkida kommt die riesige Insel Euböa dem Festland bis auf wenige Meter nahe.

Schon bei der Anfahrt verspüren wir die zunehmende Strömung – natürlich gegenan.
Wir ankern in der Nähe der Brücke, die Euböa und das Festland verbindet.
Mit welcher Energie aber das Wasser hier durch die engste Stelle strömt, hätten wir nie vermutet. Ein regelrechter Wildbach läuft direkt hinter dem Heck der Morgana vorbei. 5-8 Knoten sollen es zu bestimmten Zeiten sein. Mehrere Kanus fahren Wildwasser.

Die Brücke wird nur einmal in der Nacht bei Stillwasser geöffnet. Die Durchfahrt muss im Büro der Hafenpolizei angemeldet und bezahlt werden. Doch diese zu finden war nicht einfach. Im Gebäude mit der großen Aufschrift „Port Police“ schickt man uns zum Harbor Office, doch das hat ab 16 Uhr bereits geschlossen. Am nächsten Tag erklärt man uns dort, wo die Port Police ist. Völlig verwinkelt in einer engen Nebenstraße ohne große Aufschrift… Warum die Port Police von gestern nicht die Port Police von heute ist, verstehen wir nicht und auch nicht, warum diese zwar geöffnet ist, wir aber jetzt NACH 16 Uhr erneut kommen sollen. Dort legen wir schließlich alle Papiere vor und man erläutert uns die Prozedur der Brückenpassage. Bezahlt wird dann aber wieder beim Harbor Office (ja da waren wir bereits, richtig!) €35,26

Um kurz vor 23 Uhr werden wir per Funk aufgerufen, den Anker zu lichten und uns bereit zu halten. Die Strömung ist verschwunden. Mit diversen Schiffen kreisen wir in der Dunkelheit.

Dann wird es chaotisch. Viele kleine Boote fahren ohne Beleuchtung. Sigrid meint Schwarzfahrer!
Die Schiffe werden nacheinander aufgerufen durchzufahren, aber alle fahren dennoch gleichzeitig durch die enge Brücke – auch wir!
Im Dunkeln legen wir bravourös in einer Ecke am Nordkai an! Dank Bugstrahlruder!

Am nächsten Tag studieren wir das Internet, um die Tide zu verstehen. Dort erfahren wir, dass viele Wissenschaftler bereits daran verzweifelt sind. Auch Aristoteles, der sogar ins Wasser sprang, um das Phänomen zu verstehen!
Ich als alter Wattuhr Erfinder erkläre es mir so: der normale Tidenhub im Mittelmeer wird durch die zunehmende Verengung, ähnlich wie am Weserwehr in Bremen, aufgeschaukelt zu 0,80m. Dadurch entstehen die regulären Tiden, vier am Tag. Der Mond bestimmt, wann.
Hinzu kommt die Strömung, die durch den Nordwind, der Tags kräftig einsetzt und Nachts fast ausbleibt, regiert durch die Sonne. Beide überlagern sich zu zum Teil 10 Tiden am Tag.